Airplus trifft MIF-Regulierung hart

Viele Corporate Cards sind von der Regulierung erfasst.

Viele Corporate Cards sind von der EU-Regulierung erfasst. (Foto: Airplus)

Die europäische Interbankenentgelt-Verordnung (MIF-VO) trifft den Firmenkreditkarten-Spezialisten Airplus mit voller Wucht. Die Lufthansa-Tochter gehört zu den größten Herausgebern von Corporate Cards, die nach einem längeren Hin-und-Her im Trilog-Verfahren in die Regulierung einbezogen wurden, soweit sie nicht über das Firmenkonto laufen. Letzteres ist in Deutschland nur bei wenigen Business Cards der Fall, im Airplus-Portfolio nur bei 17 Prozent – bezogen auf die Transaktionen. Im Gespräch mit der FAZ (15.8.; bislang nur print) schilderte Patrick Diemer, Vorsitzender der Airplus-Geschäftsführung, die Konsequenzen für Einnahmesituation und Geschäftsmodell.

Die Zahlen, die der ehemalige General Manager von Visa Deutschland nennt, sind auch für den gesamten Markt interessant, da sie cum grano salis auch für andere Kreditkartenherausgeber gelten dürften. Diemer rechnet durch die Deckelung der Interbankenentgelte auf 0,3 Prozent vom Umsatz ab dem 9. Dezember 2015 mit einem jährlichen Einnahmeverlust von 13 Euro pro Karte. Statt 42 Euro pro Jahr bleiben bei den Neu-Isenburgern künftig nur noch 29 Euro pro Karte p.a. hängen.

„Damit fallen für uns fast ein Drittel der Einnahmen bei diesem Firmenkreditkartentyp weg“, bringt es Diemer im Gespräch mit der FAZ auf den Punkt. Die meisten der Airplus-Kunden – zu denen Dickschiffe wie die Deutsche Telekom, VW, Daimler und die Metro gehören – lassen die Karten über die Privatkonten der Mitarbeiter laufen. Bei 75 Prozent der insgesamt 500.000 von Airplus ausgegebenen Karten haftet der Mitarbeiter für die Zahlungen selbst, heißt es im FAZ-Beitrag.

Airplus-Ausweg: Höhere Jahregebühr und „echte“ Corporate Cards

Diemer beziffert die zu erwartenden Einnahmeverluste für das Gesamtgeschäft der Airplus nach „Bauchgefühl“ auf insgesamt 12 Mio. von 300 Mio. Euro. Das Unternehmen mit rund 43.000 Geschäftskunden will bzw. muss gegensteuern, indem es die Jahresgebühren für die „unechten“ Firmenkreditkarten erhöht („nicht viel mehr als 10 Prozent“) und anderseits versucht, die Kunden zur Umstellung auf „echte“ Corporate Cards zu bewegen. Also Firmenkarten auszugeben, die über das Geschäftskonto laufen und damit nicht von der 0,3 Prozent-Deckelung betroffen sind.

Als weitere Konsequenz strategischer Natur verabschiedet sich Airplus vom Nebenkriegsschauplatz Acquiring. Wirecard übernimmt den Netzbetrieb und die Akzeptanzverträge künftig für die Lufthansa-Tochter, schreibt die FAZ. Ein weiterer, kleiner Schritt auf der erst noch bevorstehenden Welle der Konsolidierung des Acquiringmarktes, die durch die Regulierung, aber auch durch die Digitalisierung („Internetzionalisierung“) befeuert wird.

Paysys mit Zahlen für den Gesamtmarkt

Die Unternehmensberatung Paysys beziffert die Verluste pro Kreditkarte im Übrigen auf durchschnittlich 12,25 Euro pro Karte im Gesamtmarkt. Das Gesamtvolumen der jährlichen Einbußen summiert sich danach für die deutschen Kartenherausgeber auf 415 Mio. Euro – zzgl. Debitkarten auf 463,7 Mio. Euro.

Die EU-Kommission rechnet auf europäischer Ebene mit Kosteneinsparungen für kartenakzeptierende Händler, Restaurants, Hotels, Dienstleister in einem Gesamtvolumen von 6 Mrd. Euro im Jahr.

Wenn dafür auf der anderen Seite die Jahresgebühren für die Karteninhaber steigen, dann nennt man das verursachergerechte Kostenverteilung. 🙂

4 Gedanken zu „Airplus trifft MIF-Regulierung hart

  1. Lieber Hanno, hoch-geschätzter Kollege,
    dieses Thema hat AirPlus bereits sehr ausführlich in der Bilanz-PK am 25. März behandelt (s. Source 4/2015, S. 3 und S. 7).
    Warum die FAZ das jetzt nochmal aufgreift, verstehe ich nicht.

  2. Hallo Herr Bender, hallo Herr Braatz,
    trotz China-/Griechenland-Krise herrscht offensichtlich auch auf der Wirtschaftsseite der FAZ das Sommerloch 🙂 Zu dem Gespräch mit AirPlus bringt die FAZ (15. Aug. 15, S. 29) einen zusätzlichen Kommentar. Ich zitiere:
    „Umso ärgerlicher ist, dass bei American Express gar nichts passieren muss. Warum die EU-Kommission diese zumindest bei Firmenkreditkarten führende Kreditkartenorganisation nicht auch zu niedrigeren Gebühren zwingt, ist rätselhaft“
    Dazu Folgendes:
    1. Die „echten“ Firmenkreditkarten (Abrechnung über Firmenkonto) sind von der Regulierung ausgenommen. Das gilt wettbewerbsneutral für alle Brands (MasterCard, Visa, Amex usw.).
    2. Es ist keineswegs sicher, dass Amex nicht unter die Regulierung fällt. Laut Definition (Wortlaut) der Verordnung, ist das Kartensystem m. E. regulatorisch als Vier-Parteien-System aufzufassen, da Amex Co-Branding-Karten herausgibt. Damit wäre die IF-Verordnung für das Kartensystem Amex relevant. Im Gegensatz zu einer Direktive gibt es bei der Verordnung kaum Interpretationsspielraum. Da bin ich gespannt, zu welcher Einschätzung die zuständige englische Behörde kommen wird.
    Also rätselhaft ist da gar nichts, nur schlechte Handarbeit des europäischen Gesetzgebers.

  3. Pingback: M&M Creditcard / Änderungen zum 09.12.15/01.01.16 - Seite 24

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