Interchange fee – wie tief darf sie noch sinken?

Haste mal 7 Cent oder besser 3,4?

Obergrenze 7 Cent oder doch nur 3,4?

Das Europäische Parlament hat dem Entwurf der Interchange-Verordnung am 3. April erwartungsgemäß mit einigen Änderungen zugestimmt. Die Fachwelt debattiert nun munter darüber, was beschlossen wurde und welche Auswirkungen die Regulierung der Kredit- und Debitkartengebühren für Issuer, Händler und die Kreditkartenorganisationen haben wird. Ein paar Kernpunkte und zwei Fragen:

Die Kernpunkte der Interchange-Verordnung

  • Die zulässigen Interbankenentgelte (MIF) für Kreditkarten werden auf 0,3 Prozent vom Umsatz und für Debitkarten auf 0,2 Prozent vom Umsatz – höchstens aber 7 Cent – festgeschrieben. Für Debitkartentransaktionen ab einem Betrag von 34 Euro dürfen also künftig maximal 7 Cent Interchange-Gebühren anfallen. (Art. III, Abs. 1)
  • Diese neuen Obergrenzen gelten ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung (Art. III, Abs. 1) für grenzüberschreitende und (!) nationale Bezahltransaktionen (Erwägung 15/16).
  • Die Regulierung greift auch für Corporate Cards und nicht nur für Verbraucherkreditkarten (Erwägung 18, Art. I, Abs. 3a entfällt).
  • Die Regulierung gilt nicht für Transaktionen mit Karten, die von Drei-Parteien-Kartenzahlungssystemen ausgegeben werden, „wenn deren Umfang die von der Kommission festgelegte Schwelle nicht überschreitet“. (Art. I, Abs. 3c)
  • Bei grenzüberschreitenden Transaktionen gilt das Interbankenentgelt des Landes, in dem der Acquirer niedergelassen ist. (Artikel 6a)

Der Zeitplan der EU-Kommission steht

Das sind die wesentlichen Änderungen, die das Parlament Anfang April auf den Weg gebracht hat. Die Dokumente zum Gesetzgebungsverfahren finden sich hier. Auch wenn die Verordnung aufgrund der Europawahl im Mai zunächst einmal dem Diskontinuitätsgrundsatz zum Opfer fällt, gilt das neue EU-Parlament politisch an die Entscheidung gebunden. Im Herbst kann es dann nach der Sommerpause weitergehen. Noch in diesem Jahr könnte das Regelwerk im Trilog-Verfahren verabschiedet werden, wie von der EU-Kommission beabsichtigt.

Für Visakarten – Debit wie Credit – greift ab 1. Januar 2015 ohnehin erst einmal die mit der EU-Kommission erzielte Einigung.

Zwei spannende Fragen stellen sich nun:

(1) Was heißt die Interchange-Verordnung für das deutsche Girocard-System?

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) bezeichnet ihr nationales Debitkartenverfahren als Drei-Parteien-System und konnte sich jüngst mit dem Bundeskartellamt auf ein neues Gebührenmodell einigen. Doch auch Drei-Parteien-Systeme können der VO unterfallen, wenn sie einen entsprechenden Marktanteil haben (Art. I, Abs. 3a). Nun kann man freilich diskutieren, ob das deutsche Girocard-System dank der gesunden Konkurrenz durch das ELV-Verfahrens keine marktbeherrschende Stellung besitzt. Das BKartA hat stets in diese Richtung argumentiert.

Unabhängig von dieser Frage erscheint es aber doch absurd, dass eine internationale Debitkartenzahlung maximal 7 Cent (plus Acquirergebühr) kosten darf, für eine nationale Transaktion aber weiterhin eine umsatzabhängige Gebühr (ad valorem) anfallen soll. Die 7 Cent-Obergrenze muss doch sinnvollerweise eine Ausstrahlung auf das Girocard-System haben. Das neue Gebührenmodell der DK wäre dann ein bloßes Spiel auf Zeit.

(2) Hat der unscheinbare neue Artikel 6a eine unerwartete Sprengkraft?

„Bei grenzüberschreitenden Transaktionen gilt das Interbankenentgelt des Landes, in dem der Acquirer niedergelassen ist.“ (Art. 6a n.F.)

Mit dieser unscheinbaren Formulierung könnte sogar die aus Sicht deutscher Händler traumhafte 7 Cent-Obergrenze obsolet werden. Im Zusammenspiel mit der ebenfalls geänderten Legaldefinition des „grenzüberschreitenden Zahlungsvorgangs“ (Art. II, Nr. 8) führt diese Regelung nämlich zu einem Acquirer-Tourismus. Grenzüberschreitende ist eine Zahlung per Definition danach bereits, wenn Händler und Acquirer ihren Sitz in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten haben, auf die Transaktion selbst kommt es gar nicht an.

Maestro MIF, Quelle: Mastercard

0,034 Euro: Die Maestro-MIF in den Niederlanden. Quelle: Mastercard

Ich empfehle allen Händlern und Debitkartenakzeptanten, sich schleunigst einen Acquirer für Maestro in den Niederlanden zu suchen. Dort beträgt die von Mastercard festgelegte MIF 0,034 Euro. Da legen wir noch einen kleinen, marktüblichen Schnaps für den Acquirer oben drauf und liegen dennoch locker unter den europaweit demnächst gültigen 7 Cent. Das wird einen munteren Acquirer-Tourismus verursachen, der durch die Einbeziehung der nationalen Transaktionen in die MIF-Regulierung eigentlich verhindert werden sollte. Artikel 6a wird zu einer Absenkung der MIF auf das niedrigste europäische Niveau führen – europaweit, wie es sich für einen Binnenmarkt gehört.

Die Optionen der Deutschen Kreditwirtschaft für die Girocard

Bleibt für die Deutsche Kreditwirtschaft ein Mitziehen bei der MIF- , Entschuldigung, es handelt sich bei der Girocard ja um bilateral ausgehndelte Gebühren also: bei der „BIF“-Abwärtsspirale oder es bleibt die Option der Verbannung der Maestro- bzw. V-Pay-Funktion von der Girocard. Aber erstmal bleibt ja noch ein wenig Zeit, tagtäglich Millionensummen an Girocard-Gebühren zu kassieren.

Wenn ich in den nächsten Tagen noch ein wenig Zeit finde, dann beschäftige ich mich hier im nächsten Blogbeitrag mit dem Zwei-Phasen-Kartellreiniger der DK, der das seit 1989 etwas verkalkte und eingerostete Girocard-System in ein modernes Konzentratorenmodell mit bilateral verhandelten Gebühren überführen soll.

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