… freut sich das Drei-Parteien-System. Am 20. Februar entscheidet der Finanz- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments über den Entwurf der Interchange-Verordnung der Europäischen Kommission. Eine wichtige Weichenstellung im Gesetzgebungsverfahren und höchste Zeit, die Lobbyisten Argumente in Stellung zu bringen, schließlich geht es für Visa, Mastercard und die kartenausgebenden Banken um sehr viel Geld.
In diesem Zusammenhang erreicht mich heute nachfolgende Pressemitteilung von Wolfgang Steiger, seines Zeichens Generalsekretär des Wirtschaftsrates der CDU e.V., die ich gerne vollständig zum Besten gebe:
„Der Vorschlag für die Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge widerspricht dem Grundsatz der Technologieoffenheit und Wettbewerbsfähigkeit, der die Basis für Innovationen in Europa bildet. Die EU-Kommission hat die Aufgabe, einen starken Rahmen für den europäischen Binnenmarkt zu schaffen und dafür zu sorgen, dass ein leistungsfördernder Wettbewerb – gerade in wichtigen Zukunftsmärkten – nicht behindert wird. Der jetzt vorliegende Entwurf für die Regulierung von Entgeltmodellen ist jedoch wieder einmal ein Negativbeispiel für den Versuch, selbst in den Markt einzugreifen und einzelne Geschäftsmodelle willkürlich zu bevorzugen. Das ist eine gefährliche Entwicklung“, sagte Steiger.
Der Wirtschaftsrat unterstützt ausdrücklich Innovationen, die den Wettbewerb stärken, die Transparenz der Zahlvorgänge und der Kosten erhöhen und den europäischen Binnenmarkt weiter voranbringen. Steiger weiter: „Es ist jedoch vollkommen unverständlich, warum die EU-Kommission Geschäftsmodelle wie das „Vier-Parteien-System“ einseitig benachteiligt. Transparenz und ein fairer Wettbewerb lassen sich nur erreichen, wenn alle Kartensysteme, also auch die „Drei-Parteien-Systeme“ sowie digitale Geldbörsen, unter eine wirkungsvolle Regelung fallen. Beide Systeme unterscheiden sich prinzipiell nur dadurch, dass „Vier-Parteien-Systeme“ ihre Zahlungsdienste in Zusammenarbeit mit den Banken des Endkunden und des Händlers anbieten. „Drei-Parteien-Systeme“ verhandeln hingegen eigene proprietäre Verträge mit einzelnen Händlern und Endkunden.“
Ich weiß zwar nicht, was Sie mit „proprietären Verträgen“ meinen, Lieber Herr Steiger, aber irgendwie erinnert die Forderung nach einer Einbeziehung von „Drei-Parteien-Systemen sowie Digitalen Geldbörsen“ stark an entsprechende Forderungen von Mastercard – insbesondere wegen Nennung der Wallets, um die in diesem Zusammenhang mit Ausnahme von MC bislang kaum jemand viel Aufhebens macht. Das allein wäre noch nicht bemerkenswert, denn das Anliegen eines Level-Playing-Fields für Vier- und Drei-Parteien-Systeme mag man teilen und als berechtigt ansehen.
Aber, Sie nennen lustigerweise gar kein Argument für Ihre Forderung. Gerade weil die Gebühren in Drei-Parteien-Systemen mit einzelnen Händlern bilateral ausgehandelt werden, gibt es keine kartellrechtliche Rechtfertigung, sie zu regulieren. Zumindest der Theorie nach sind die Entgelte im Drei-Parteien-System frei verhandelt, eine Regulierung wäre ein weitaus schwerwiegender Eingriff in die Vertragsfreiheit als in einem Vier-Parteien-System mit multilateralen, einseitig festgelegten Gebühren. Das ist in der Tat der Unterschied und er taugt nicht als (einziges) Argument, eine Gleichbehandlung in Sachen Regulierung zu fordern. (Mal ganz abgesehen von der Surcharge-Regel, die Amex nach den Plänen der Kommission „droht“).
Wenig stringent ist es auch, die geplante Regulierung erst als einen Eingriff in den Markt zu verdammen, um dann eine Ausweitung dieser Maßnahme auf weitere Sachverhalte zu fordern. Wenn die Regulierung ein gefährlicher Eingriff in den Markt ist (etwa, weil sie Innovationen im bargeldlosen Zahlungsverkehr verhindert), dann werden diese negativen Auswirkungen durch die Einbeziehung von Amex und PayPal nicht abgemildert. Dann hilft nur ein vollständiges Unterlassen der Regulierung und das muss man dann auch fordern, gell?!
Überdies: Folgt man Ihrer Argumentation Forderung, müsste auch das Girocard-System der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) in die Interchange-Verordnung einbezogen werden. Nach DK-Auffassung handelt es sich um ein Drei-Parteien-System, in dem angeblich bilateral über Entgelte verhandelt wird. Da sollten Sie vielleicht noch einmal Rücksprache halten, ob das wirklich die Position des Wirtschaftsrats der CDU ist.
Die Einzigen, die ein vitales Interesse daran haben, Drei-Parteien-Systeme wie Amex, Discover und Diners in die Regulierung der Interchange-Gebühren einzubeziehen, sind die beiden internationalen Vier-Parteien-Systeme Mastercard und Visa mit ihren 95 Prozent-Marktanteil.
Update 20.2.2014: Der ECON-Ausschuss hat für die Regulierung der Interchange-Gebühren votiert und zwar bei grenzüberscheitende und nationale Kartentransaktionen – Credit: 0,3%, Debit 0,2% oder 7 Cent. Die Presseerklärung mit zugehörigem Hashtag (!) findet sich hier.