Der Drogeriemarktbetreiber Müller startet heute mit „Müller Pay“. Das Ulmer Unternehmen erweitert die Funktionalitäten seiner Händler-App mit dem Bluecode-Zahlverfahren. Bluecode wird seit 2017 auch schon von Globus und seit Anfang 2021 von Rossmann akzeptiert. Müller ist jedoch der erste Händler in Deutschland, der das Verfahren in der eigenen App integriert. In Österreich ist Bluecode mit den Rewe-Vertriebslinien und dem Multipartner-Programm „Jö“ schon weiter. Für Händler hat die Zahlungslösung durchaus Charme – und Bluecode hat eine europäische Perspektive.
Das mobile Zahlverfahren Bluecode hat mit der Drogeriekette Müller in Deutschland und Österreich einen wichtigen neuen Akzeptanzpartner hinzugewonnen. Ab Montag können sich die Nutzer der App des Drogeriewarenhändlers in Deutschland und Österreich für „Müller Pay“ registrieren, wie die LZ am Freitag exklusiv berichtete.
Zeitgleich mit dem Bezahlen an der Kasse können die Kunden dann Bonuspunkte für das „Müller-Blüten“-Kundenprogramm sammeln und einen digitalen Kassenbon erhalten. Müllers digitale Kundenkarte, die vom Startup „Hello again“ gemanagt wird, wurde dazu mit dem Bluecode-Verfahren verknüpft. Der Kunde zahlt mit einem Barcode aus der App, der an der Kasse eingescannt wird.
„Mit nur EINEM Scan 1) Blüten sammeln 2) Blüten & Coupons einlösen 3) Mitarbeiter Rabatte verknüpfen 4) ZAHLEN, 5) einen digitalen Beleg erhalten & 6) ein Nachhaltigkeitsprojekt für Bienen finanzieren“, jubiliert Bluecode auf Twitter.
Erster Händler mit Bluecode-Lösung in der eigenen App
„Müller ist der erste Händler in Deutschland, der die Bluecode-Lösung in seine eigene App-integriert“, erläutert Christian Pirkner, CEO der Bluecode International AG. Bisher wurden Zahlungen mit der Bluecode-App in Deutschland an den Kassen der Globus SB-Warenhäuser und Baumärkte sowie bei Rossmann und Konsum Dresden sowie in einigen Fußballstadien akzeptiert. Globus verlinkt in der eigenen App auf die Bluecode-App. Bei den übrigen Händlern brauchen die Nutzer die Bluecode-App auf dem Handy, Rossmann & Co. akzeptieren den Barcode dann an der Kasse. „Wenn wir die eigene App aus dem AppStores nehmen können, sind wir am Ziel“, sagt Pirkner im Gespräch mit BargeldlosBlog. Galeria Kaufhof gehörte auch mal zu den Akzeptanten, dann kam aber die Fusion und das Kassensystem von Karstadt zum Zuge – und Bluecode war wieder raus.
In Österreich ist Bluecode erfolgreicher und wird beispielsweise bei Spar, MPreis und Sutterlüty akzeptiert. Zudem ist das Barcode-Zahlverfahren in das österreichische Multipartner-Bonusprogramm „Jö“ integriert. Mit „Jö & Go“ kann unter anderem an den rund 3000 Filialen von Rewe Österreich (Adeg, Billa, Bipa, Merkur und Penny) und beim Tankstellenbetreiber OMV bezahlt werden. In Deutschland setzt Rewe dummerweise schon auf das Bonusprogramm Payback, das mit „Payback Pay“ über eine eigene mobile Zahlungslösung auf QR-Code-Basis verfügt. Dass Müller auf Bluecode setzt, dürfte vermutlich auch etwas mit den guten Verbindungen in die Alpenrepublik zu tun haben – nicht nur, weil Drogerie Müller rund 90 Filialen in Österreich betreibt.
Direkter Kontozugriff oder Lastschrift
Zahlungen über das Bluecode-Verfahren werden im Hintergrund über Lastschriften und bei Partnerbanken per direktem Kontozugriff abgewickelt. Nach Angaben von CEO Pirkner verfügt Bluecode inzwischen über ein Netzwerk von 300 Partnerbanken in Deutschland und Österreich. Anmeldungen für „Müller Pay“ können bei den Partnerbanken über das normale Online-Banking-Login. Wenn der Nutzer kein Konto bei einer Partnerbank hat, dann wird ein einmalige Zwei-Faktor-Autorisierung zur Anmeldung durchgeführt. Bluecode ist zu lange im Payment unterwegs, als das man die Fallen tappen würde, in die Lidl Pay beim Onboarding geraten ist. Das Tageslimit für Transaktionen liegt bei 400 Euro.
Der Charme von Bluecode für den Händler: Die Gebühren liegen in der Regel bei 0,15 Prozent vom Transaktionsumsatz zuzüglich einer Art Scheme-Fee-Gebühr für Bluecode und den Zahlungsdienstleister. Diese Gebühr teilen sich zu je 40 Prozent Bluecode und der Acquirer, 20 Prozent erhält der App-Provider. Stellt der Händler die App selbst, spart er diesen Anteil schon mal ein. Bringt er viel Transaktionsvolumen, lassen sich auch über die 0,15 Prozent für die Bank diskutieren, hört man aus gewöhnlich gut informierten Kreisen. Das Lastschrift-basierte Zahlungs-Apps für Händler gebührentechnisch interessant sind, zeigen die Bemühungen von Edeka, Lidl und anderen entsprechende Lösungen im Markt zu platzieren. Auch wenn diese Lösungen ein Nischendasein fristen und von einem Durchbruch bzw. einer kritischen Masse weit entfernt sind.
Der Mix aus Lastschrift-basierten Zahlungen und direktem Kontozugriff, also garantierten Zahlungen, wie es Bluecode praktiziert, hat da einen besonderen Charme. Zumal sich die Zahlungslösung in der eigenen App quasi als White Label-Lösung nutzen und offenbar recht unkompliziert mit dem eigenen Loyality-Programm kombinieren lässt.
Die Banken können sich überlegen, ob sie mitspielen wollen, für 0,1X ohne amerikanische Scheeme-Fees, oder, ob sie den Traffic über Lastschriften abwickeln, ohne daran etwas zu verdienen.
Dass für eine Bluecode-Zahlung ein Barcode eingescannt werden muss, sieht Christian Pirkner nicht als Handicap an: „Optische Autorisierungen sind von Amerika bis Asien weltweit verbreitet und haben in jüngster Zeit nochmals mehr Akzeptanz erlangt“, sagt der Bluecode CEO und kann auf Alibaba und die Starbucks-App verweisen.
Bei Globus zieht mal eine positive Bilanz zum Bluecode-Verfahren: „Mit Bluecode bieten wir unseren Kunden eine zuverlässige, schnelle und unkomplizierte Zahlart an. Bei der Einführung des Bluecode-Verfahrens 2017 lagen die Umsatzanteile während der Promotion knapp oberhalb des AMEX Anteils“, sagt Markus Rietz, Bereichsleiter Treasury bei der Globus Gruppe. „Seitdem kann der gesamte Einkauf – Kundenkarte & Zahlung – nur mit dem Handy abgewickelt werden, was unsere Kunden sehr zu schätzen wissen. Das Onboarding war von Anfang an nahezu unabhängig von Smartphonetyp und Konto. Besonders an unseren scan&go Kassen ist die Kundenakzeptanz mit ca. 3 Prozent überdurchschnittlich hoch. Aus unserer Perspektive sind wir mit dem Bluecode-Verfahren sehr zufrieden“, so Rietz.
Girocard wird unattraktiver, EPI eine Vision
Und während alle Welt davon spricht, dass Mastercard Maestro abschaltet und damit der Girocard die internationale Zahlungsfähigkeit abschneidet, schmieden die Anbieter von mobile Payment-Lösungen in Europa mit EMPSA ein interessantes Netzwerk. 14 Anbieter, darunter so erfolgreiche Systeme wie das schwedische Swish, das Schweizer Twint oder das niederländische iDeal sind neben Bluecode dabei und sorgen für eine breitere Akzeptanz. Über die 70 Millionen Nutzer in Europa, auf die EMPSA verweist, lachen Mastercard, Visa und PayPal freilich, aber warte nur ein Weilchen… Müller ist auch auf Mallorca aktiv und es gibt nicht wenige Händler mit einem europaweiten Filialnetz.
BTW: Wie die FAZ treffend und ganz richtig bemerkt, gibt es ein Leben ohne Maestro auch für die Girocard. Aber schöner und smarter wird die Girocard ohne die internationale Akzeptanz auch nicht. Dank der EAPS-Allianz kommt man zwar auch ohne Maestro wenigstens noch an den ein oder anderen europäischen Geldautomaten ran, aber man zückt ja im Ausland ohnehin schon jetzt lieber nur die Kreditkarte, weil die fehlende NFC-fähigkeit der Girocard abseits der Heimat zum Fremdschämen ist. (Auch, wenn viele Banken zusätzlich zu Girocard kontaktlos offenbar zusätzlich auf Maestro kontaktlos setzen, wie ich hier erfuhr. Aber das ist ja dann auch bald Geschichte). Die Leidtragenden des Maestro-Abschieds sind vermutlich in erster Linie internationale Händler, die in Deutschland auf eine „Maestro only“-Akzeptanz – die Rituals, Primarks und was weiß ich.
Dennoch darf man sich – mal wieder Sorgen machen, um die Zukunft des Girocard-Systems. Ich sprach jüngst mit einem der (vielen) ökonomischen Gutachter im Justizskandal Girocard-Kartellschadensverfahren gegen die Spitzenverbände der Deutschen Kreditwirtschaft. Wir haben keine Wette abgeschlossen, was eher geschieht: Eine rechtskräftige Entscheidung über die Klagen von 2018 ff. oder das Ende des Girocard-Systems. Aber wir haben über die Wette gesprochen.
Und wer glaubt, dass EPI zum Fliegen kommt? Was hat EPI, was Monnet nicht hatte?
Das wurde aber auch Zeit, endlich mal wieder etwas Neues und Erfolgreiches nach der langen Pause aus gut informierter Quelle zu lesen!
Bei der Gelegenheit eine Klarstellung für die anderen Akteure aus der schreibenden Zunft: „EC“ hat nie für die eurocheque-Karte gestanden, sondern für die EUROCARD, die es übrigens immer noch gibt (man schaue nach Schweden). EC tauchte gerne im Verbund mit MC und VISA auf, wenn es um den EMV-Chip auf Kreditkarten ging.
Fachjournalisten lösen also bitte die Feststelltaste, wenn es um die gute alte „ec-Karte“ geht, die ja gerade mal seit 14 Jahren girocard heißt (s. link)
https://bankenverband.de/blog/50-jahren-von-der-scheckkarte-zur-girocard/
Aber ob EC-Karte, ec-Karte oder girocard, das scheint ja sowieso bald alles egal zu sein…. bleibt zu hoffen, dass EPI das Allheilmittel der europäischen Emanzipation in Sachen Payments wird und schnell die Kunden im Sturm erobert, bevor die girocard durch die amerikanischen Schemes und die Issuing-Banken komplett plattgemacht wird.
Schön umschrieben was Sache ist 😉
Klasse Artikel! … Danke!