Komische Überschrift? Die Zukunft der deutschen Girocard (früher EC-Karte) stand doch nie zur Debatte? Jedenfalls stand nichts davon in den Zeitungen. Die Pressemitteilung der Deutsche Kreditwirtschaft (DK) vom gestrigen Dienstag spricht allerdings selbst davon, dass nun „der Fortbestand des Girocard-Systems gesichert“ sei. Auch der letzten der 19 EC-Cash-Netzbetreiber hat in dieser Woche den Netzbetreiber-Vertrag der DK unterschrieben. Es war ein harter und langer Kampf -> siehe auch „Krieg im Kartenland“. Wie geht es nun weiter? Der technische Fortbestand ist nun mit einigen Rumpeltricks und Kick-Back-Lösungen, ein bisschen Spuke und Geduld hier und da sowie ein/zwei zugedrückten Augen auf beiden Seiten sichergestellt. Das deutsche Debitkarten-System wird zum 1. November nicht zusammenbrechen und es wird auch nicht zu massenhaften Ablehnungen von EC-Karten am POS kommen, weil keine bilateral ausgehandelten Händlerentgelt für die Karten hinterlegt sind.
Nach meinen Informationen haben zwar noch nicht alle Issure-Konzentratoren (sprich: Bankenverbünde) Entgeltvereinbarungen mit allen Netzbetreibern abgeschlossen. Insbesondere in Frankfurt gibt es noch gallische Dörfer. Aber das wird schon noch werden bis zum Stichtag.
Die Girocard-Gebühren sinken also ab November in der Breite vom ehemaligen Standardsatz von 0,3 Prozent bzw. mindestens 8 Cent auf ein Niveau von 0,23 bis 0,28 Prozent, wie man aus dem Markt so hört. Natürlich liegen die großen Jungs eher bei 0,2 Prozent auf dem Niveau, auf dem sich die Mineralöler schon immer befanden. Für einige von diesen wird es nun allerdings sogar teurer, wie man ebenfalls hört.
Die Zerschlagung des Kartells zeigt also Wirkung, echter Preiswettbewerb kann in diesem Bereich dennoch nicht stattfinden.Die Kartenakzeptanten können nur die Brotkrümmel auffangen, die ihnen zugeworfen werden. Die Gebühren sind nach wie vor zu hoch und umsatzabhängige Gebühren in einem Debitkartensystem fehl am Platz. (hier schreibt der Schriftführer des Vereins zur Abschaffung der ad valorem-Gebühren in Debitkartensystemen. 7 Cent sind genug, meint auch das EU-Parlament zu recht.)
Was Händler nun beachten sollen, hat Ulrich Binnebößel, Kartenfuchs und Zahlungsverkehrsexperte im Handelsverband HDE, im Interview mit dem Börsenblatt zusammengefasst.
Zum Mitschreiben: Liebe Kartenakzeptanten, holt verschiedene Angebote ein, fragt nach, ob Entgeltvereinbarungen mit allen Banken gewährleistet sind, schließt Verträge mit kurzer Laufzeit. Es herrscht Wettbewerb, der alte Dienstleister muss nicht mehr der günstigste sein. Der Markt der EC-Cash-Netzbetreiber wird in den kommenden Wochen und Monaten durchgeschüttelt werden und sich dramatisch verändern.
Spannende juristische Frage für die Händlerverträge: Besteht zum 1. November ein außerordentliches Kündigungsrecht beim Girocard-Akzeptanzvertrags. Wegfall der Geschäftsgrundlage? Kein Fortbestand des alten Vertrages möglich, da es das zugrundegelegte Standardentgelt nicht mehr gibt?
Spannend wird auch, wie es nun mit Phase 2 von Girocard 2.0 weitergehen soll. Ab 2016 sollen auch netzbetreiberunabhängigen Konzentratoren im Wettbewerb um Kartengebühren mitspielen dürfen. Verbände und andere Konzentratoren sollen für ihre Mitglieder bzw. Kunden eigenständig Girocard-Gebühren bündeln und verhandeln können. Das hat die DK dem Kartellamt versprochen. Die Abwicklung der entsprechenden Zahlungstransaktionen wird aber nach wie vor einem Netzbetreiber obliegen, ein Dritter kann das nicht leisten. Um Abwicklung und Abrechnung von Kartentransaktionen aber einigermaßen trennen zu können, müssen die Kopfstellen der Kreditwirtschaft lernen, Gebühren abzurechnen und Transaktionen zuzuordnen. Das können die bislang nicht, die winken die Transaktion als stupide Autorisierungsstelle nur durch.
Man hört, dass schon Workshops zu dem Thema „Phase 2“ zwischen DK und Netzbetreibern stattgefunden haben. Raten Sie mal, wer nicht mit am Tisch saß. Richtig, unabhängige Konzentratoren.