Kartenhaus Konzentratormodell

Mit der Orlen Deutschland GmbH, die rund 550 Star-Tankstellen in Deutschland betreibt, wechselt mal wieder ein Mineralöler vom reinen EC-Cash-Betrieb bei Girocard-Zahlungen zu einem Mischverfahren aus EC-Cash- und ELV-Transaktionen. Ein deutliches, weiteres Signal dafür, dass das so genannte Konzentratorenmodell mit dem die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) das Bundeskartellamt besänftigte, an den Bedürfnissen des Marktes vorbeigeht und zu scheitern droht.

Kurz zur Erinnerung: Die Deutsche BP löste im Jahr 2009 mit ihren rund 2.500 Aral-Tankstellen ein Erdbeben im deutschen Debitkartenmarkt aus. Das Kartenhaus des Girocard-Gebühren-Kartells der DK begann damals zu wanken und brach letztlich mit Unterstützung des Bundeskartellamts in sich zusammen.

Auch Aral wechselte 2009 bei Girocard-Zahlungen zum Mischbetrieb aus garantierten EC-Cash-Zahlungen (über den eigenen Netzbetrieb) und elektronischen Lastschriftverfahren (ELV; über easycash; heute Ingenico Payment Services). Der Wechsel rüttelte den Markt wach, da Mineralöler seit Gründung der Stadt Rom Etablierung des EC-Kartensystems 1989 als Dankeschön für ihre Aufbauleistung deutlich niedrigere EC-Cash-Gebühren an die Banken entrichten, als alle übrigen Girocard-Akzeptanten (0,2 % vom Umsatz statt 0,3 %). Dass dennoch ein Mineralöler den Aufwand von ELV-Zahlungen (Unterschriften an der Kasse, Personalschulungen, Belegmanagement etc.) auf sich nahm, um Kartengebühren einzusparen, sorgte für Aufmerksamkeit und erheblichen Druck auf die Banken, ihre Gebühren zu senken (siehe Fallbericht des Bundeskartellamts Rdz. 70 ff. mit interessanten Ausführungen zur Uniti-Konferrenz 2009 und zur „Lex-Wolf“).

Als unmittelbare Folge der damaligen Erschütterungen erwachte sogar der Drache Bundeskartellamt, der beim Thema „Kredit- und Debitkartengebühren/Interchange“  bislang – ganz im Gegensatz zu Wettbewerbsbehörden anderer Länder – in einem märchenhaften Tiefschlaf ruhte und jahrzehntelang beide Augen zudrückte.

Das Ergebnis des Kartellverfahrens gegen die DK ist der Beschluss vom 8. April 2014 und das so genannte Konzentratorenmodell mit dem seit dem 1. November 2014 nun also nur noch „verhandelte“ Gebührenstrukturen bei garantierten Girocard-Zahlungen gelten.

Was sagt die Praxis zum Konzentratorenmodell?

Die große Frage seither: Funktioniert das Konzentratorenmodell der DK? Bringt es niedrigere Gebühren. Befördert es den Preis- und Qualitätswettbewerb im Debitkartenmarkt?

Es ist offenbar mitnichten so, dass die „verhandelten“ EC-Cash-Gebühren auf ein Niveau absinken würden, das allen Kartenakzeptanten das ELV-Verfahren verleiden würde.

Im Gegenteil: Ein weiterer Mineralöler kehrt dem reinen EC-Cash-Verfahren den Rücken: „Orlen GmbH führt in Zusammenarbeit mit der Intercard AG das Mischverfahren aus ec-Lastschrift und dem PIN-basierten electronic cash-Verfahren an allen Tankstellen in Deutschland ein“, heißt es in der Pressemitteilung des Tankstellenbetreibers vom 12. November.

Und Oliver Behrens, Non Cash Transactions Manager der Orlen Deutschland GmbH, wird noch deutlicher: „Die Umstellung ist erforderlich, da das vorgeschlagene Konzentratorenmodell der Deutschen Kreditwirtschaft nicht die erhofften Optimierungen im Bereich der Konditionen gebracht hat. Vielmehr erscheinen die Abläufe immer komplexer und keineswegs vereinfacht.“

Nun muss man wissen, dass das Thema Kartenzahlung bei der Orlen Deutschland GmbH nicht so einfach nebenher läuft. Oliver Behrens erarbeitete für das Unternehmen schon vor Monaten eine langfristige Kartenstrategie, die bereits in Sachen V-Pay-Akzeptanz Akzente setzte und eine Vorreiterrolle im deutschen Debitkartenmarkt einnimmt. Seine Entscheidung für ein Mischverfahren ist ein klares Signal: Das Konzentratorenmodell geht am Markt vorbei.

Man darf gespannt sein, wie das Resümee der Kartenakzeptanten nach dem ersten Abrechnungsmonat in den nächsten Wochen ausfällt. Eine Mischkalkulation aus allen Issure-Konzentratoren-Konditionen von 0,23 Prozent vom Umsatz und mindestens 5 Cent ruft das HDE-Angebot „HDE cashless pay“ auf. Es dürfte mittelfristig die obere Kante markieren. Die CardProcess aus dem genossenschaftlichen Finanzverbund bietet mit VR-Pay eine direkte Durchleitung der jeweiligen Bankkonditionen, wie man hört. Mit solchen Konditionen können die Banken sicher gut leben. Mit Preis- und Qualitätswettbewerb hat das nichts zu tun, eher mit einer großzügigen, freiwilligen Spende der altväterlichen DK.

Ein weiteres, deutliches Zeichen für das nicht-funktionieren des Konzentratorenmodells ist die Ausgrenzung der unabhängigen Akteure, die keine EC-Cash-Netzbetrieb unterhalten, wie etwa des Mittelstandsverbunds (ZGV), aus dem Kartenspiel. Dieser Missstand soll in der 2. Phase ab 2016 behoben werden. Allein mir fehlt der Glaube, dass dies in einer marktgerechten Art und Weise funktionieren wird.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert