Registrierungen bei Paydirekt rückläufig

Paydirekt: Kommt (noch) nicht zum Fliegen.

Weniger als 450.000 Sparkassenkunden haben sich bislang bei Paydirekt registriert. Im April ging die Zahl der Neuanmeldungen gegenüber dem Vormonat sogar deutlich zurück. In einem internen Schreiben warnt das Gemeinschaftsunternehmen der S-Finanzgruppe GIZS daher, dass eine „deutliche Steigerung zur Zielerreichung 2017“ erforderlich sei.

Die dürren Zugewinne auf der Nutzerseite zeigen einmal mehr: Paydirekt braucht einen Strategiewechsel.

Nur drei Sparkassen kommen derzeit überhaupt auf zweistellige Registrierungsquoten unter ihren Onlinebanking-Kunden. Nachdem sich die Händlerakquise für das Online-Zahlverfahren der Deutschen Kreditwirtschaft bereits als schwierig und zäh erwies, bleibt nun auch auf der Kundenseite die Begeisterung aus. Das klassische Henne-Ei-Problem, ohne Anbieter keine Nutzer, ohne Nutzer keine Anbieter, plagt Paydirekt.

Die Markteroberung läuft nicht richtig rund

Im ersten Schritt „Top-Händler“ gewinnen, im zweiten Nutzer gewinnen und schließlich gewinnbringende Transaktionen generieren, so lautet die offizielle Markteroberungsstrategie von Paydirekt. Wenige Monate vor dem zweiten Geburtstag muss man wohl einräumen, dass das Konzept nicht aufgegangen ist.

Die Hoffnung der deutschen Banken, ihre 50 Millionen Online-Banking-Kunden würden sich mal eben für Paydirekt registrieren und mit einer breiten Kundenbasis im Rücken könnten dann dem gesamte Onlinehandel für ein überteuertes neues Zahlverfahren gewonnen werden, erweist sich als Trugschluss.

„Klein, mittel oder groß: Jeder Händler zählt“, heißt es nun schon fast flehentlich in der 12. Paydirekt-Infopost von vergangener Woche, in der die GIZS für weitere Anstrengungen bei der Händlerakquise wirbt. „Jede weitere Akzeptanzstelle ist für Paydirekt ein wichtiger Schritt zu einer gefestigten Stellung im Markt“. Die Sparkassen sollen ihr Firmenkundenportfolio auf Händler mit Online-Shops überprüfen und diese auf Paydirekt ansprechen.

„Großes Potenzial“ erhofft sich die GIZS nun im kommunalen Sektor. Acht kommunale Rechenzentren wurden angeschlossen und sollen nun im eGovernment-Bereich für Transaktionen sorgen. Auch diesbezüglich sollen die Sparkassen ihre „Landkreis, Städte und Gemeinden“ doch bitte auf Paydirekt ansprechen – und sie sollen doch bitte beim „eGovernment Award“ der Fachzeitung „eGovernment Computing“ für Paydirekt abstimmen, fordert das Schreiben auf. Man müsse nicht alle Kategorien der Leserumfrage bewerten, es genüge die Stimmabgabe in der Kategorie „ePayment“, empfiehlt die GIZS den Sparkassen. Klingt irgendwie schon leicht verzweifelt, oder?

4.000 Euro WKZ für neue Händler

Zur Händlergewinnung greifen die Sparkassen mit Hilfe ihres PSP Payone nun jedenfalls tief in die Tasche. Eine „Unterstützung von bis zu 4.000 Euro“ können Onlinehändler als Werbekostenzuschuss (WKZ) erhalten. Vorausgesetzt sie nutzen das Shopsystem Shopware und führen spätestens drei Monate nach Vertragsschluss die erste Live-Transaktion durch. 3.000 Euro vom WKZ müssen als Endkundenrabatte (5% auf den Warenkorb) weitergereicht werden. Zielgruppe sind Händler mit 1 Mio. Euro E-Commerce-Umsatz. Onlinehändler nehmen solche WKZ gerne mit, wissen freilich, dass solche Rabatt-Programme verbrennen wie Strohfeuer. Nachhaltige Effekte auf der Kundenseite negativ. Mitnehmen und weitergehen lautet das Motto der Schnäppchenjäger.

Fazit

Zahlverfahren nach Umsatz im deutschen E-Commerce. (Quelle: EHI)

Mein altkluges und unerbetenes ceterum censeo an dieser Stelle: Wer das Henne-Ei-Problem lösen will, muss die Henne füttern oder die Eier mitbringen. In der aktuellen EHI-Erhebung zu Zahlverfahren in den Top-1000 Onlineshops taucht Paydirekt noch nicht mal auf. Wenn sich das im kommenden Jahr „signifikant“ ändern soll, müssen die Paydirekt-Banken einen neuen Kurs einschlagen und Händler durch attraktive Gebühren füttern für das Zahlverfahren begeistern.

FunFact: Bei der Sparkassen-Finanzgruppe sind rund 330.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Leseempfehlung zum Thema: „Paydirekt und die 5 Millionen PR-Kundenlücke“ auf PaymentandBanking.

Update 25.7.2017: Mit dem Online-Möbelhändler Reuter schaltet der erste Händler Paydirekt wieder ab, mangels signifikanter Transaktionen. „Für uns steht im Vordergrund, welche Zahlungsarten Kunden wünschen und am stärksten nachfragen. Bei Paydirekt ist es so gewesen, dass diese Zahlart einfach zu wenig in Anspruch genommen wurde“, teilt das Unternehmen gegenüber dem Handelsblatt. Eine Ohrfeige.

Paydirekt findet Otto gut – und legt laut SZ mehr als 10 Mio. Euro auf den Tisch.

Auch von anderen Paydirekt-Akzeptanten hört man, dass der Anteil von PD unter den angebotenen Zahlungsart allenfalls um den 1 Prozentpunkt pendelt

Nun sitzt Paydirekt in der Falle: Die halbe handvoll A-Händler, die „on board“ sind, können (WKZ-)Forderungen stellen, wie es Ihnen beliebt. Ein weiterer Absprung wäre der zweite Sargnagel. Clevere Neu-Händler kommen nun nur noch hinzu, wenn die Banker prall gefüllte Bargeldkoffer mitbringen. Eine „ernüchternde Bilanz“ zog die FAZ entsprechend jüngst zum „Phantom Paydirek“, mit Verweis auf BargeldlosBlog.

Gewöhnlich gut informieren Gerüchten zufolge werden aktuell ganz schwere Geldkoffer nach Hamburg geschleppt. Ob man damit einen Blumentopf oder eine wenigstens eine Schlagzeile gewinnt, ist offen. Die Rechnungskauf-Kunden der Hanseaten wird es jedenfalls wenig beeindrucken.

Update 26.7.2017: Die SZ hat die „Paydirekt kauft sich Otto“-Geschichte dann rausgehauen. Die SZ spricht von „10 Mio. IT-Integrationszuschuss“ und 3 Mio. Euros WKZ. Später am Tag folgten die Pressemitteilungen von Otto und Paydirekt zur neuen Partnerschaft. Erinnert mich irgendwie ungut an Yapital, auch da kam die Pressemitteilung, nachdem das Wirtschaftsmagazin „Der Handel“ den Scoop („Otto will Paypal Konkurrenz machen“) landete. Böse Zungen in mir sagen: „Passt prima: Otto kennt sich mit gescheiterten Zahlverfahren ja gut aus“. Die Kunden der Otto Group wickeln ihre Bestellungen zum Großteil (80 Prozent?) über den guten alten Rechnungskauf ab (EOS). Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Als Maverick der Paymentszene kaufe ich mich bei Netflix, Spontify und/oder Uber ein (siehe Ayden; heute muss man freilich andere „Player von morgen“ finden). Mehr als 10 Mio. Euro für Otto auszugeben, ist dagegen – mit Verlaub – rausgeschmissenes Geld. Die Beschönigung als „IT-Integrationskostenzuschuss“ spricht Bände und ist ein schlechter Witz. Eine Paymentmethode, deren Integration 10 Mio. Kosten verursachen würde. Das kann man doch ernsthaft keinem erzählen. Schade ums das Geld. Das muss die schiere Verzweiflung bei den Veranwortlichen sein. Wie die „Verhandlungen“ zwischen Otto und Paydirekt bzw. die interne Kommunikation bei Otto abgelaufen sein könnten, beschreibt t3n sehr schön und sehr entlarvend hier.

13 Gedanken zu „Registrierungen bei Paydirekt rückläufig

  1. Das Problem bleibt das man sich dafür noch gesondert anmelden muss.
    Wozu?

    Giropay geht einfach so.

    >Ein Giropay-Kunde benötigt für die Bezahlung von Onlinekäufen keine gesonderte Registrierung oder zusätzliche Software. Voraussetzung zur Nutzung an Giropay ist ein für das Online-Banking per PIN/TAN-Verfahren freigeschaltetes Girokonto.

    Quelle:Wikipedia

    Was diese Todgeburt Paydirekt da soll,ist unbegreiflich.

    • Die Registrierung vorab dient der Zustimmung der paydirekt-Bedingungen, der Festlegung von Kommunikationsdaten sowie der Erfassung der Lieferadresse. Danach kann der Zahlungsvorgang um so schneller stattfinden. Wenn die Online-Shops über die REST-API auf paydirekt zugreifen, können Sie die Lieferadresse abrufen und er Käufer spart sich seine Angaben. Leider nutzen das die wenigsten Online-Shops. In einer zukünftigen Stufe kann das ganze auch als paydirekt-Express vermarktet werden.

      Bei giropay werden die Bedingungen bei jedem Bezahlvorgang vor Freigabe der giropay-Überweisung gesondert vom Käufer abgenickt. Das verlangsamt den Bezahlprozess.

      Ob paydirekt oder giropay kann jeder Käufer für sich entscheiden. Fakt ist, das beide Verfahren aus der deutschen Kreditwirtschaft kommen und sich daher streng an die deutsche Gesetze halten.

      • Das Argument mit der REST-API zieht nur leider nicht. Kein!!! Händler der Paydirekt anbietet nutzt die Möglichkeit der Adressübernahme!!! Warum eigentlich???

  2. Pingback: Paydirekt und die 5 Millionen PR-Kundenlücke. Ein Reality Check...

  3. Ist glaube ich wie mit WhatsApp. Der Rest drumherum interessiert niemanden. Ich brauch nicht mehr als Paypal weil es einfach gut funktioniert und ich noch nie Probleme hatte. Also warum wechseln? Payback zum Beispiel bietet mir auch eine Bezahlfunktion die ich noch nie genutzt habe. Aber wenn Apple Pay kommt dann werde ich sehr wohl dabei sein.

  4. Pingback: Verzweiflungstaten bei Paydirekt: Bis zu 4.000 Euro Werbekostenzuschuss für Händler | ❤ t3n

  5. Pingback: FinTech Podcast 104 User Centered Design bei Banken - Paymentandbanking

  6. Für mich war das schon abzusehen, dass Paydirekt von den Sparkassenkunden nicht so gut angenommen wird. Ich war damals schon der Meinung, dass Paydirekt für die große Masse der Sparkassenkunden keine Rolle spielen wird. Aus meiner Sicht haben die Sparkassen in der Masse einfach nicht die richtigen Kunden für so einen Service.

    Dazu ist die Händlerakquise natürlich keineswegs einfach. Hier sollte ebenfalls mehr getan werden. Insgesamt sollte man sich erst einmal das Ziel setzen, die 1-Millionen-Marke an Sparkassenkunden zu knacken!

  7. Pingback: paydirekt: Schon jetzt ein Rohrkrepierer? #5 | Bankstil

  8. Ich betreibe einen Shopwareshop. Auch mich wollte meine Bank letztes Jahr für paydirekt ködern, allerdings waren die Konditionen unterirdisch und der damit verbundene Anmeldeaufwand vergleichsweise hoch. Die Konditionen sind ja scheinbar frei verhandelbar, meine Bankberaterin war aber sogar optimistisch genug eine monatliche Grundgebühr anzusetzen, lol 🙂 Ich komme noch nicht auf die 1 Millionen Jahresumsatz um mich für den WKZ zu qualifizieren, aber deutlich 6stellig ist es. Falls es die Aktion nächstes Jahr noch gibt, nehme ich sie dann gerne mit, ob es sich unterm Strich aber für paydirekt auszahlt bezweifle ich, die Nachfrage nach dem System ist bei aktuell ca 6k jährlichen Kunden genau 0.

  9. Hi,ich weiss nicht,ob’s schon bekannt ist,aber die Sparkasse Jen (denke mal dann alle Helaba-Institute) zwang-Mitgliedschaften jetzt ihre Kunden bei paydirekt.Wenn nicht gewünscht,muss explicit widersprochen werden.Unverschämt,so bekommt man auch die Teilnehmerzahlen hochgeschraubt…die ganzen alten Leute,die es gar nicht erst verstehen (wollen) und nat.nicht der Vertragsänderung widersprechen!

    „Sehr geehrter Herr xxxx,
    sicher zahlen mit dem kostenlosen Online-Bezahlverfahren paydirekt: Wir bieten Ihnen hiermit als Änderung Ihres Girokontovertrags
    die Nutzung von paydirekt ab 04.11.2017 an. Für die Nutzung von paydirekt gelten die beigefügten „Bedingungen für Zahlungen
    mittels paydirekt“. Ihre weiteren Kontoführungs- und Online-Banking-Bedingungen bleiben unverändert. Partner Ihres Girokontovertrags
    bleibt ausschließlich Ihre Sparkasse.
    Die paydirekt GmbH ist technischer Dienstleister für paydirekt. Einzelheiten zum Datenschutz enthalten die beigefügten „Hinweise zum
    Datenschutz“ mit folgenden Modifikationen: Zur Vereinfachung werden wir im Fall Ihrer Zustimmung zum Änderungsangebot die uns
    vorliegenden Stammdaten (Ziff. 1.1 der Hinweise) an die paydirekt GmbH zur Nutzung von paydirekt übermitteln.
    Als Benutzername dient Ihre E-Mail-Adresse. Das Passwort erstellen Sie erst nach der Registrierung.
    Ihre Zustimmung zum Änderungsangebot gilt gemäß § 675g Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. Nr. 2 Abs. 2 unserer AGB als erteilt, wenn Sie uns
    nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung (04.11.2017) Ihre Ablehnung angezeigt haben. Diese Anzeige
    ist formlos möglich. Sie sind auch berechtigt, den Girokontovertrag vor dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der angebotenen
    Änderung (04.11.2017) fristlos und kostenfrei zu kündigen. In beiden Fällen wird die angebotene Änderung zu Ihrem Girokontovertrag
    nicht wirksam. Ihr Girokontovertrag läuft auch dann, wenn Sie der Nutzung von paydirekt widersprechen, ohne diesen Vertrag zu kündigen,
    unverändert weiter.
    Sie können der Verwendung Ihres Elektronischen Postfachs für Werbezwecke jederzeit kostenfrei (außer Übermittlungskosten nach Basistarif) widersprechen.
    Ihre Sparkasse Jena-Saale-Holzland“

  10. Pingback: Fintech & Banking News #77 - about#Fintech

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert