Am 3. Juni veranstaltete der Bundesverband der Zahlungsinstitute (BVZI) ein Symposium zum fünften Geburtstag des Zahlungsdiensteaufsichtgesetz (ZAG). Rund 50 bis 60 Teilnehmer kamen in den Post-Tower nach Bonn, um dem jungen Gesetz zu gratulieren, Bilanz zu ziehen und einen Ausblick auf die anstehende Reform der Payment Services Directive (PSD) zu wagen.
Die Damen und Herren von den Zahlungsinstituten sangen „Wie schön, dass Du geboren bist, wir hätten Dich sonst sehr vermisst“, denn ohne das ZAG gäbe es schließlich keine lizenzierten Zahlungsinstitute. Vertreter der Bundesbank, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und des Bundeskartellamts, die auf der Fachebene mit den Zahlungsinstituten befasst sind, gaben Einblicke in ihre Arbeit; die Präsentationen finden sich auf der Homepage des BVZI.
Ich bin kein Experte für Zahlungsinstitute, da diese immer nur als Dienstleister für Handelsunternehmen auf meinen Radar aufgeflackert sind. Was ich von der Veranstaltung dennoch für meine Themen mitgenommen habe, war folgendes:
Interchange-Regulierung – Zeitplan und Knackpunkte:
Frau Dr. Heike Winter, in der Bundesbank für „Grundsatzfragen Massenzahlungsverkehr“ zuständig, berichtete über den aktuellen Stand der Verhandlungen zur Interchange-Verordnung in den Ratsgremien. Ostern 2015 ist ihrer Einschätzung nach ein realistischer Zeitpunkt für das Ende des Trilog-Verfahrens. Ein Jahr nach der Verabschiedung soll die Verordnung zur Deckelung der Interchange-Gebühren von Kredit- und Debitkarten nach dem Entwurf in Kraft treten, also voraussichtlich im 2. Quartal 2016.
Für alle, die beim Kartenspiel mitzählen, ist damit klar: Visa hat mit diesem Zeitplan ein Thema, da sich die Kreditkartenorganisation (Entschuldigung: der europäische Non-Profit-Verein mit Schwerpunkt auf Debitkarten) mit der EU-Kommission auf neue Gebührenstrukturen zum 1. Januar 2015 geeinigt hat.
Neben dem Zeitplan äußerte sich Winter auch zu inhaltlichen Punkten der Interchange-Verordnung. Die vom EU-Parlament verabschiedeten Änderungen am Verordnungstext – insbesondere der brisante Art. 6a sowie die 7-Cent-Obergrenze – werden im Rat danach wohl kontrovers diskutiert. Art. 6a stößt bei einigen großen EU-Ländern auf Ablehnung, da sie um ihre Steuereinahmen fürchten. Er wird so wohl nicht kommen.
Haltung des Kartellamts zur Interchange-VO und zu „ec 2.0“
Dr. Thomas Mehler vom Bundeskartellamt erläuterte Anlass, Ablauf und Stand des 2011 gegen die Deutsche Kreditwirtschaft eingeleiteten Verfahrens wegen Wettbewerbsverstoß durch das einheitliche Händlerentgelt im Girocard-Verfahren (früher EC-Karte).
Ich habe immer noch nicht verstanden, warum das Kartellamt erst 2011 aktiv wurde, nachdem Aral zum Mischverfahren von easycash wechselte und WEAT daraufhin der DK drohte, ebenfalls zum ELV-Verfahren zu wechseln, woraufhin die Banken dem EC-Cash-Netzbetreiber aus dem Tankstellenbereich nochmals günstigere EC-Cash-Gebühren einräumten. (Wir erinnern uns: Tankstellen erhalten seit jeher günstigere Kartengebühren als Händler. Das Aral dennoch zum ELV-Verfahren wechselte war eine Revolution, die deutlich machte, wie kostengünstig die ELV-Spezialisten inzwischen arbeiten.)
Abgehakt und Geschichte, zurück zum Hier und Jetzt: Mehler erläuterte, warum das Bundeskartellamt nicht daran denkt, die europäische Interchange-VO auch für die deutschen Debitkarten, sprich die Girocard, umzusetzen. Während die EU ihre Regulierung mit einem Marktversagen begründe, könne in Deutschland bei der Debitkarte von einem Marktversagen wegen des ELV-Verfahrens nicht gesprochen werden, so Mehler. Mit der neuen Marktstruktur ohne einheitliches Händlerentgelt kämen nun verhandelte Gebühren zustande. Das Girocardsystem sei möglicherweise auf dem Weg zu einem Vier-Parteien-System – mit den Netzbetreibern als Acquirern. Die Kreditkartenregulierung (0,3 Prozent) werde man dagegen in Deutschland nachvollziehen, bei den Debitkarten habe das Bundeskartellamt für den deutschen Markt aber nun einmal eine andere Sichtweise.
Ob der Zeitplan für die verhandelten Girocard-Gebühren zum 1. November 2014 einzuhalten ist? Diese Frage stand im Raum und viele Netzbetreiber machen ein großes Fragezeichen dahinter. Mehler sieht hier die Kreditwirtschaft in der Pflicht, ihr Commitment einzuhalten. In Wahrheit sind freilich die Netzbetreiber – zwischen Banken und Händler verhaftet und damit zwischen allen Stühlen – diejenigen, die technische Herausforderung zu stemmen haben. Wenn eine Girocard-Transaktion an der Kasse mangels individueller Entgeltvereinbarung des Händlers abgelehnt werden müsse, bliebe ja noch das ELV-Verfahren, so Mehler auf Nachfrage eines marktführenden Netzbetreibers. Mhm, ist das praxisnah? Haben alle Händler ELV als Back-up zur Verfügung? Im BKartA hat man offenbar ein gewisses Gottvertrauen – oder man geht von einem großen Druck aus, der bis zum November alle Händler in neue Konditionen bringt – oder man will im Herbst erstmal nicht so genau hinschauen.
Neben den technischen Problemen der bilateralen Entgeltvereinbarungen, bleibt die Frage spannend, ob die ausgehandelten Gebühren für das Gros der Händler denn günstiger wird als bisher. Interessierte Kreise verwiesen am Rande der Veranstaltung auf Schweden als einem europäischen Land, dass verhandelte Kartengebühren in einem Vier-Parteien-System kennt. Dort sollen die Gebühren im Schnitt über dem aktuellen deutschen Debitkartenverfahren liegen. Wer mir so was wohl steckt? Ich hab´s nicht überprüft, aber keinen Anlass an den Angaben zu zweifeln.
Gutscheinkarten mit der PSD II vor dem Aus?
Ein Thema des Sympoisums, das gestern auch in einer Pressemitteilung von HDE und dem Prepaid Verband Deutschland aufgegriffen wurde, war das Schicksal von Gutscheinkarten in der geplanten PSD II-Reform. Hier die Pressemitteilung zum Thema. Ich muss da nochmal hinterher recherchieren. Ich dachte, die Rechtslage sei nach der BaFin-Interpretation schon heute so, dass eine E-Geld-Lizenz für Gutscheinkarten erforderlich ist, die innerhalb rechtlich unabhängiger Unternehmen (zB: Karstadt / Karstadt Sport, Franchisesysteme, Verbundgruppen, etc.) akzeptiert wird.
Update: 24.6.
(1) Gutscheinkarten: Die Haltung der BaFin war schon immer sehr restriktiv in punkto „begrenzte Netzwerke“. Daher setzen die meisten Händler in Deutschland bei Gutscheinkarten ohnehin schon auf einen Dienstleister mit E-Geld-Lizenz bzw. auf ein lizenziertes Zahlungsinstitute als Issure.
(2) Händlerentgelte Girocard: Der Stichtag 1. November 2014 für den Wegfall des einheitlichen Händlerentgelts wird ein heißes Thema. Die Netzbetreiber haben mit TA 7.1 eigentlich genug zu tun, anderseits geht es bei der Frage der Umsetzung der bilateral verhandelten Entgelte um ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit.
Eine spannende Frage in diesem Zusammenhang: Haben Handelsunternehmen ein außerordentliches Kündigungsrecht für ihren EC-Cash-Akzeptanzvertrag, wenn die so genannten Händlerbedingungen sich beim Punkt Entgelt radikal verändern? Welche Rechtsnatur haben die so genannten „Händlerbedingungen“ der Deutschen Kreditwirtschaft, sind das AGB? Wirken sich Änderungen der Händlerbedingungen auf den Vertrag Händler-Netzbetreiber aus (Wegfall der Geschäftsgrundlage)? Ein Kündigungsrecht zum 1. November würde den bislang recht statischen Markt der EC-Cash-Netzbetreiber wohl sehr schnell sehr heftig durcheinanderwirbeln. Substantiierte Beiträge zu dieser Rechtsfrage werden gerne entgegengenommen – vertraulich oder zitierfähig 🙂