Yapital im Praxistest bei der Rewe

Scann mich, ich bin ein QR-Code. (Bild: Hanno Bender)

Scan mich,
ich bin ein QR-Code.

Die angebliche Zukunft des Bezahlens hat still und heimlich schon begonnen: Bei der Rewe-Gruppe kann man seit einigen Tagen mit Yapital, der mobile und multichannel Paymentlösung der Otto Group, bezahlen. Ich habe das in drei unterschiedlichen Rewe-Märkten in Frankfurt am Main mal – sehr zum Erstaunen des Kassenpersonals – getestet. Ein Erfahrungsbericht vom POS.

Yapital – Erstmal anmelden

Um loslegen zu können, muss man sich zunächst auf der Yapital Homepage (ja, da steht noch „beta“ in der URL) mit Namen, Adresse, Geburtsdatum, E-Mail und einer Handynummer registrieren. Das wird einem nicht ganz leicht gemacht: Es gibt zum Beispiel nervige Vorgaben zum Passwort („Bitte geben Sie 8 bis 25 Zeichen ein und verwenden Sie dabei mindestens eine Zahl, einen Kleinbuchstaben, einen Großbuchstaben und ein Sonderzeichen“). Eine Nationalität soll ausgewählt werden, die Deutsche ist aber schwer zu finden, da im Auswahlreiter das Alphabet durcheinander gewirbelt wurde. Die Seite ist halt noch eine Betaversion, erstaunlich angesichts der Vorlaufzeit und der Manpower, die inzwischen hinter der Yapital Financial AG steckt. Für viele Nutzer ist zudem offenbar unklar, dass man die „0“ nach der internationalen Vorwahl „0049“ nicht mehr vor die Handynummer setzt (darauf weist mich zumindest die freundliche Hotline ungefragt hin).

Die E-Mail-Adresse muss daraufhin durch einen Link, der an den angegebenen Account gesendet wird, bestätigt werden und im zweiten Schritt wird auch die Handynummer verifiziert, durch einen Zahlencode, der per SMS an die hinterlegte Mobilfunknummer geschickt wird.

Danach ist man soweit, dass man im neu eingerichteten Yapital-Kundenkonto eine Bankverbindung oder – wohl zu einem späteren Zeitpunkt – Kreditkartendaten hinterlegen kann. Das Yapital-Konto kann mit einem Guthaben aufladen werden oder man wählt die Option „automatisches Nachladen“. Das Geld wird in beiden Fällen per Lastschrift vom Bezugskonto abgebucht.

Soweit das ebenso übliche wie beschwerliche Procedere, wenn man sich bei einer neuen Wallet registrieren will. Nun noch die Yapital-App auf das Handy laden, mit dem Konto verknüpfen und eine PIN zum Schutz der App festlegen.

Yapital-Konto eingerichtet – es kann losgehen

Man kann Yapital bislang in einer handvoll Onlineshops als Bezahloption auswählen und mit der App in einigen Filialen des Schuhhauses Görtz sowie seit Ende November in allen rund 1.900 Regiebetrieben der Rewe mit dem Smartphone bezahlen.

Yapital im Display

Das Kassenpersonal bei der Rewe weiß freilich noch nichts von seinem Glück. Ich habe in der vergangenen Woche in drei konzerneigenen Rewe-Märkten in Frankfurt mal die Probe aufs Exempel gemacht und nachgefragt, ob ich mit Yapital bzw. mit meinem Handy bezahlen kann. Beim ersten Mal verwies der herbeigerufene Filialleiter darauf, dass die Zahlung mit Yaptial erst ab Januar möglich sei. Er kannte das Verfahren immerhin schon mal namentlich. Da die Schlange hinter mir auch am frühen Morgen schon etwas länger wurde, zahlte ich bar und zog von dannen.

Der Kunde wählt das Zahlverfahren aus

Beim zweiten Versuch in einem anderen Markt wusste die Kassiererin und auch ihr Kollege an der Nachbarkasse nichts von Yapital. Da ich aus den vielzitierten „gewöhnlich gut informierten Kreisen“ wusste, dass und wie es funktioniert, bat ich die freundliche Dame, eine Kartenzahlung zu initiieren. Auf dem Display des Kartenlesegerätes erscheint daraufhin in den freigeschalteten Rewe-Märkten die Anzeige „Karte einstecken oder 1 -> YAPITAL mobile“. Der Kunde kann also selbst auswählen, auf welche Weise er bargeldlos bezahlen möchte – mit Karte oder Smartphone. Das wurde ganz bewusst so eingerichtet.

Drückt man die „1“ auf der PIN-Tastatur des Artema Hybrid-Terminals, erscheint auf dem Display ein QR-Code mit dem Zahlbetrag und der Aufforderung „bitte scannen“. Nun startet man die Yapital-App, gibt die PIN ein, wählt „Bezahlen“ und scannt mit dem Smartphone den QR-Code vom Display. Das ist nicht ganz unkritisch und ein bisschen tricky. Bei meinen beiden Versuchen, spiegelte sich die Deckenbeleuchtung im Terminaldisplay und man weiß anfänglich nicht so recht, wie nah man das Handy an den Code heranhalten soll.

Doch auch ungeübt funktioniert es mit etwas Geduld und Spucke recht fix und das Handy nimmt Kontakt mit irgendeinem Server da draußen auf. Einmal führte das sehr schnell zum Erfolg, die App bittet dann darum die Zahlung des Betrags XY zu bestätigen und die Kasse der Rewe-Mitarbeiterin springt zu ihrem Erstaunen und zur allgemeinen Belustigung auf. Das gibt dann immer ein großes „Hallo“ und „Aha“ und ist den Aufwand schon allein deshalb wert.

Es gibt einen Kassenbeleg als Beweis für die Bezahlung mit Yapital und in einer YapitalAppE-Mail wird die Transaktion, der Ort und der Betrag noch einmal bestätigt.

Bei meinem zweiten Yapital-Test bezahlte ich in einem Rewe-Getränkemarkt in der Tiefgarage eines Fachmarktzentrums. Dort dauerte die Übertragung der Transaktion zum Server deutlich länger. Zwar klappte es auch hier letztlich, aber wenn die Verbindung mal nicht zustande kommt oder abbricht, dann verursacht das vielleicht unangenehme Wartezeiten und gegebenenfalls schwierige Diskussionen an der Kasse.

Im Übrigen: Der durchschnittliche „Kassendurchlauf“ bei der Rewe dauert 34 Sekunden, 10 Sekunden mehr ergibt nach Unternehmensangaben bundesweit einen Bedarf an 700 zusätzlichen Kassenpläzte – so rechnet der Handel. Zeit ist Geld.

Verfügbarkeit und Stabilität der Funkverbindung

Die Verfügbarkeit und Stabilität der Funkverbindung ist sicherlich die Archilles-Verse dieser QR-Code-Autorisierung. Dafür funktioniert das Ganze aber ohne große Investitionen für den Händler mit der bestehenden Kasseninfrastruktur und auch der Kunde braucht kein NFC-fähiges Handy – sogar ein iPhone kann QR-Codes scannen.

Ob die Yapital-Rewe-Connection den Durchbruch für das Bezahlverfahren der Otto Group bringt? Keine 2.000 Nutzer haben sich bislang bei Yapital registriert. Das ist weniger als nichts und angesichts von angeblich rund 100 bis 150 Mitarbeitern, die die Yapital Financial AG mittlerweile beschäftigen soll, quasi ein erweiterter Friends&Family-Test.

Dennoch, wenn die Rewe will, kann sie das Verfahren vielleicht im Alleingang oder im Verbund mit der Otto Group und anderen Handelspartnern groß machen. Jeder zweite dm-Kunde hat bekanntlich eine Payback-Karte, weil die Kassiererin immer danach fragt. Der Handel kann sich seine Kunden erziehen. Falls die Transaktionskosten für die Rewe günstiger sind, als bei Kartenzahlungen, hätten die Kölner ein vitales Interesse daran, ihren Kunden das Bezahlen per Yapital schmackhaft zu machen.

Und da die Zahlungen im Hintergrund per Lastschrift abgewickelt werden, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Transaktionskosten für die Rewe mit den Gebühren für Debitkartenzahlungen konkurrieren können. (Das bisschen Risikomanagement bekommt man deutlich günstiger hin; siehe PayPal, easycash, Intercard, etc.) Von Kosten auf dem Niveau des ELV-Verfahrens im Rahmen von strategischen Partnerschaften sprach Yapital-CEO Nils Winkler im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Der Handel. Wenn jemand strategischer Partner ist, dann wohl der zweitgrößte Lebensmittelhändler in Deutschland.

Vielleicht wollen die Kölner aber auch nur spielen und testen und bereit sein für den Fall, dass die Kunden tatsächlich eines Tages mit dem Smartphone zahlen wollen. Das betonen sie zumindest in den offiziellen Stellungnahmen zum Thema „mobile Payment“. „Man muss dabei sein, wenn der Knoten platzt“, sagte Paul Monzel, Leiter Financial Services in der Rewe Group Zentralfinanz, zur Begründung des Engagements in Sachen „Bezahlen mit dem Handy“ auf dem Handelskongress in Berlin kürzlich.

YapitalBelegMein persönliches Fazit zu Yapital: Ich zahle demnächst wieder mit Karte oder bar, mir ist das viel zu viel Gehassel: App starten, PIN, Scannen, Warten, Bestätigen. Darüber hinaus muss man noch ein weiteres Konto im Blick haben, nein danke.

Aber solange die Rewe-Mitarbeiter die neue Technik noch nicht kennen, besitzt das Bezahlen mit dem Smartphone tatsächlich einen echten Mehrwert: Man sorgt für Erstaunen, große Augen und hat viel Spaß mit dem Kassenpersonal.

Nachtrag zur Funding-Funktion von Yapital

Inzwischen habe ich auch die Funktion „Automatische Aufladung“ von Yapital ausprobiert. Die Benennung ist etwas verwirrend, man muss wohl schon tief in der Denke eines Wallet-Entwicklers verhaftet sein und die Kundenorientierung bereits etwas aus dem Blickfeld verloren haben, um die automatische Abbuchung der Zahlbeträge vom Referenzkonto als „automatisches Nachladen“ zu benennen, aber sei es drum.

Aktiviert man die Funktion in den Einstellungen, so kann man auch Einkäufe an der Kasse bezahlen, die über das aufgeladene Guthaben hinausgehen. Ohne dieses Feature wäre Yapital eine reine Prepaid-Wallet wie die Geldkarte und ziemlich unpraktikabel, um es diplomatisch zu formulieren.

Die gute Nachricht: Das so genannte Funding der Wallet funktioniert. Ich zahlte ohne Probleme einen Bon von 35 Euro mit nur 7 Euro Guthaben auf meinem Yapital-Konto.

Die schlechte Nachricht: Ich habe immer noch 5 Euro Guthaben und von meinem Konto wurden ein paar Tage später 33 Euro abgebucht. Das geht zwar rechnerisch auf, ist aber für den Kunden schlechterdings nicht nachvollziehbar, sorgt für Irritation und ist, wenn es so gewollt ist, arg unübersichtlich.

Keine Ahnung, ob es einen technischen oder – tief in den Yapital-AGBs – einen rechtlichen Grund für dieses 5-Euro-bleiben-in-der-Wallet-Phänomen gibt. Eine vertrauensbildende Maßnahme in eine Wallet, die ohnehin noch mit einer Beta-URL daherkommt, ist es nicht.

Aber es bleibt ja auch noch viel Zeit, um die Zukunft des Bezahlens zu gestalten. Die fangen wenigsten schon mal an. 🙂

9 Gedanken zu „Yapital im Praxistest bei der Rewe

  1. Offenbar braucht barzahlen.de trotz dm-Partnerschaft noch jede Kommentarmöglichkeit am Rande des Internets, um „Awareness“ zu erzeugen. 🙂

    Den ersten Kommentarplatz verlose ich künftig als kostenfreies Werbebanner mit Verlinkungsoption. Es lohnt sich, hier lesen nicht viele, aber die richtigen, wie man so schön sagt und die weniger sichtbaren Rückmeldungen zeigen.

    Insofern: Vielen Dank fürs freundliche Feedback.

  2. Also, ich bin ein Karten-Mensch, aber wenn ich die neuen und (nicht)innovativen Verfahren sehe, versuche ich, diese zu umgehen. Yapital kenne ich nur aus der Presse und wird nicht auf mein iPhone landen. Vor Weihnachten musste ich Sumup mit meiner (EMV) VISA Karte „ausprobieren“. Ungelogen, der Bezahlvorgang hat 3 Minuten gedauert und nebenbei habe ich unerwünschte Werbebotschaften von Sumup erhalten. Für mich sind nur die kontaktlosen Verfahren der „alten“ Paymentwelt (payWave, ….) interessant. Diese können die Paymentwelt schneller machen, alles andere ist Zeitverschwendung.

  3. Lustige Sache, dieses Yapital.
    Hatte die gleichen Aha-Erlebnisse. Was bleibt als (Zwischen-)Fazit?
    Solange dieses ungute Gefühl im Bauch bleibt, nicht sicher sein zu können, daß die Yapital Zahlung reibungslos klappen wird (schlechtes Netz, unwissende Kassenkräfte), wird man die Geldbörse mitnehmen und somit auch mit Karte oder bar zahlen. Vielleicht nur eine Frage der Zeit, aber Vertrauen ist das Wichtigste.
    Grundsätzlich aber finde ich die Yapital Lösung genial, denn sie ist 100% Multichannel geeignet….alles funktioniert (theoretisch) gleich schnell.
    Bin gespannt, ob es sich durchsetzt. 😉

  4. die Displays der Terminals bei Rewe sind scheinbar zu schlecht. Ich nutze ein WindowsPhone, welches QR Codes am PC Monitor oder auf Papier innerhalb 1 Sekunde fehlerfrei erkennt. Sogar wenn man das Handy bewegt und nicht ruhig hält. Bei Rewe dauert es dagegen 15 Sekunden. Bei meinen Tests waren die Displays nicht beleuchtet. Bei Displays mit Hintergundbeleuchtung klappt die Erkennung wohl schneller. Habe mir jedenfalls den QR Code vom Yapital Blog ausgedruckt um die App Zuhause testen zu können. Immerhin gab es jetzt nach dem letzten Update die Möglichkeit Kreditkarten als Zahlungsmittel zu hinterlegen. Funktioniert prima. Ich nutze gerne die Möglichkeit Geld an Freunde zu versenden. Viele Märkte haben an der Kasse große LCD Bildschirme an der Kasse. Würde dort der QR Code angezeigt, oder als Bon ausgedruckt werden, würde es sicher besser klappen. Ich nutze Yapital vorerst nur wenn es nicht zu voll an der Kasse ist. Bin aber voll überzeugt von dieser Zahlungsmöglichkeit, da Missbrauch durch manipulierte Terminals und kopierten Karten dadurch ausgeschlossen wird! Wenn jetzt noch Lieferdienste (Pizza etc.) und Restaurants nachziehen, dann wird sich das bestimmt durchsetzen. Bei Selfscan Kassen (Famila) wäre das auch eine super Sache. Lobenswert ist auch, dass von Anfang an alle wichtigen Handysysteme unterstützt werden (WindowsPhone, IOS, Android)

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