„Die Online-Lastschrift wird es weiter geben“

Miriam Wohlfahrt, Mitgründerin und Geschäftsführerin von RatePay

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) letzte Woche, dass die Nutzung der SEPA-Lastschrift nicht vom Wohnsitz des Kunden abhängig gemacht werden darf, hat in einigen Kreisen für hohe Aufmerksamkeit geregt. Immer noch sind viele Fragen offen.

Ein Gastkommentar von Miriam Wohlfarth, Mitgründerin und Geschäftsführerin von RatePay.

Ich kann nur aus Sicht unseres eigenen Geschäfts als Payment- Dienstleister sprechen. Die Lastschrift ist für alle da. Das war sie zuvor und bleibt sie auch weiterhin. Das Thema, dass Kunden nicht aufgrund ihres Wohnsitzes oder dem Ort, wo sie ihr Konto führen diskriminiert werden dürfen, ist nicht neu.

Wir lehnen Transaktionen nicht allein auf Basis der Adresse oder der IBAN ab. Die Lastschrift war und ist immer für alle Käufer nutzbar, niemand wurde oder wird diskriminiert.

Praxisferne Vorstellungen des EuGH

Bemerkenswert fand ich auch das Beispiel des EuGH, Waren zurückzuhalten, bis die Lastschrift eingegangen ist. Wie soll das in der Praxis funktionieren? Die Bestellungen im E-Commerce können sich so mehrere Tage bis Wochen verzögern. Besondern schwierig stelle ich mir das im Ticketing vor. Online-Tickets sind in der Regel sofort verfügbar. Hier auf die eingehende Zahlung zu warten, ist sicher nicht im Sinne des Verbrauchers. Ich finde, hier wurde der Prozess nicht ganz zu Ende gedacht, was das eigentlich für den E-Commerce unterm Strich bedeutet.

Einen dritten Punkt möchte ich noch zum Thema Risikoprüfung bringen: Ja, es gibt Unterschiede in den einzelnen Ländern. Aber das betrifft alle Zahlungsarten, nicht nur die Lastschrift. Der Unterscheid liegt im Risikomanagement. Bei sogenannten „unsicheren Zahlungsarten“, wie auch Rechnungskauf und Ratenzahlung, geht der Händler in Vorleistung. Auch bei der Lastschrift, weil hier der Käufer die Lastschrift innerhalb von acht Wochen ohne Angabe von Gründen zurück buchen kann. Kern des Geschäfts eines Payment-Dienstleisters ist deswegen ein intelligentes Risikomanagement. Wie läuft die Risikoprüfung bei einem Payment-Dienstleister? Natürlich wird die Adresse mit geprüft. Genauso wie dutzende andere Datenpunkte. All diese Daten werden in Kombination zur Risikoprüfung im Sinne der Betrugsbekämpfung genutzt, also zum Entdecken von Betrugsmustern und zur Vermeidung von Zahlungsausfall.

Ein Beispiel: Ein Käufer mit Wohnsitz in Deutschland bestellt mit einem Rechner aus UK und lässt das nach Italien liefern. Betrug oder alles rechtens? Die müssen intelligente Regeln und Algorithmen abschätzen. Eine Adresse führt also nie allein zur Ablehnung.

Dieser Beitrag wurde zuerst auf „Payment and Banking“ veröffentlicht, zusammen mit weiteren Einschätzungen von Zahlungsverkehrsexperten zu den Auswirkungen des EuGH-Urteils.

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